Urlaubsziel Italien

Alles rund um Italien als Urlaubsziel

Auslandssemester Kalabrien

Auslandssemester in Kalabrien

| Keine Kommentare

Natürlich veröffentlichen wir hier auch die unvergesslichen Urlaubsmomente Italienreisender, spannende Reiseberichte und sonstige wissenswerte Erfahrungen, die man im Stiefelland machen kann.

Unser heutiger Gastautor Thilo verbrachte 6 Monate in Kalabrien. Wie ist er mit Erdbeben, Extremtemperaturen oder der Kriminalität dort umgegangen?

FOTO:Bahnhof (Stazione) von Amantea in Kalabrien (c) Thilo Götze

FOTO:Bahnhof (Stazione) von Amantea in Kalabrien (c) Thilo Götze

Das Studium ist bekanntlich die schönste Zeit im Leben. Und die wiederum schönste Zeit des Studiums ist die, die man im Ausland verbringt. Kann man daher etwas, was so schön ist und worin man dazu noch Fortschritte erreichen will wie eben in seinem Studium, in einer strukturell eher schwachen Region verbringen?

Man kann nicht nur, man sollte, denn man wächst unheimlich sehr daran.

Ich habe das Wintersemester 2012/2013 an der Universitá della Calabria nahe der Provinzhauptstadt Cosenza in der Region Kalabrien absolviert. Nach den Prüfungen dortbin ich in jeder Himmelsrichtung umhergereist. Wenn das jetzt so klingt, als ob ich dabei in Mailand oder mindestens Neapel herausgekommen wäre – Irrtum. Ich bin die ganze Zeit in Kalabrien geblieben, der südlichsten Region Italiens, der sogenannten Stiefelspitze.

Es ist eine der ärmsten und strukturell schwächsten Gebiete des Landes, mit einer hohen Arbeitslosigkeit (>30%), Umtrieben der Mafia und einer hohen Erdbebengefahr. Alles Dinge, worüber die Wenigsten erfreut sind – worüber man aber auch gut bloggen kann, so wie ich das während dieses halben Jahres fleißig getan hatte. Allerdings auch über die schönen Seiten dort. Für alle Leser ist das Folgende ein kleiner Auszug aus allem.

Eine einmalige Uni

FOTO: Universität Kalabrien (Universita Calabria) © Thilo Götze

FOTO: Universität Kalabrien (Universita Calabria) © Thilo Götze

Dies ist „Il Ponte“, die Brücke. Die Architektur der Universität Kalabriens, die den Beinamen „Il Ponte“ trägt, ist der hügeligen Natur umher geschuldet. Block an Block reiht sich ein Fakultätsgebäude an das nächste, alles auf etwa 10-15 Metern Höhe über dem Erdboden. Durchnummeriert von 1-80 gelangt man ganz hinten an die Festhalle der Uni.

Ökonomiestudenten haben es nicht so weit, sie sind am Anfang der Brücke. Studenten, die eine Laufbahn in der Informatik einschlagen, haben schon jetzt das Laufen, bis zum hinteren Drittel müssen sie gehen. Mein Lehrgebäude der Medienwissenschaften steht auf der Höhe des Wachschutzautos im Bild. Die Uni wird streng kontrolliert, es gibt vielerlei Schranken und Aufpasser.

Des Weiteren kann man von diesem Bild schon die Temperatur dort ablesen. Schwüle Hitze bis in den November, allerdings auch extrem kalte Nächte: das Gebiet um Cosenza liegt in einer Art Gebirgskessel, der vom Meeresklima nichts mehr übrig lässt. Die Anfahrt von Paola her besteht im Großen und Ganzen erst einmal aus einer 15minütigen Tunnelfahrt durch einen Berg.

Nach einem Monat war ich zudem aus dem Wohnheim geflüchtet, weil ich es dort aus Einsamkeit und auch zu dünnen Bettzeugs nicht mehr aushielt. Ich zog mit zwei Studenten, die ich an der Uni kennenlernte, in eine WG. Dies war zwar teurer, aber so verbesserte sich mein Italienisch zwangsläufig. Den Dialekt habe ich zwar nie durchhört, aber so viele Vokabeln wie während dieser Zeit habe ich niemals davor und auch nicht danach je in meinem Kopf abrufbar gehabt.

Reise nach Nordkalabrien – Diamanteund seine Wandmalereien

FOTO: Felsen vor Diamante (c) Thilo Götze

FOTO: Felsen vor Diamante (c) Thilo Götze

Wer in Kalabrien eine kleine Tour in die Umgebung machen möchte, braucht entweder ein Auto oder Geduld, Schrägstrich Nehmerqualitäten. Die Züge fahren nämlich zu sehr unregelmäßigen Zeiten durchs Land: morgens sehr früh und dann erst wieder am Nachmittag. Am Wochenende werden die Strecken noch weniger bedient.

Dafür kann man aber Zwischenstopps einlegen und die Fahrt unterbrechen. Auch kann man seine Fahrkarte im Zug lösen, wenn es die Umsteigezeit nicht zulässt, eine vorher zu kaufen. Und pünktlich sind sie auch dort im Süden…also eigentlich alles Eigenschaften, die auf die DB nicht zutreffen 😉

Auch wenn der Test von Anja bezüglich der schmutzigsten Strände in Italien Kalabrien nicht ganz gut hat ausschauen lassen, kann ich dem für die Nordwestküste Kalabriens zumindest etwas entgegentreten. Wie man sieht, gibt es z.B. in Diamante sehr viele saubere Felsen am Wasser, am südlichen Strand der Stadt gibt es auch etwas weicheren Untergrund, wenn auch nicht strahlend sauber. Das Markenzeichen der Stadt ist aber eh etwas anderes:

FOTO: Wandmalerei in Diamante in Kalabrien (c) Thilo Götze

FOTO: Wandmalerei in Diamante in Kalabrien (c) Thilo Götze

Jedes Jahr kommen Künstler in die Stadt und verzieren die Wände der Wohnungen und Häuser mit kunstvollen Motiven. Ihnen zur Seite stehen Autoren, die ihrerseits Texte zu den Wandmalereien setzen. Da diesen Werken jedoch die Natur in Form von Wind und Wetter immer mal wieder zeitigt, werden sie jedes Jahr ausgebessert, erneuert und reproduziert. Das gibt immer ein großes Hallo in der Stadt!

Reise an die Ostküste – Die Lakritze aus Rossano

Wer nach Rossano fährt, tut dies entweder aus religiösen oder kulinarischen Gründen. Manche vielleicht aus beiden, aber dann reicht ein Tag zum Besuchen nicht aus. Denn in einem Teil der Stadt, hoch oben auf dem Berg, steht eine der besterhaltenen und ältesten Diözesen Italiens, und in der Unterstadt, am Meer, befinden sich die nach Anmeldung für die Öffentlichkeit zugänglichen Produktionsstätten der Amarelli-Lakritze. Beide kann man nicht am selben Tag besuchen.

FOTO: Lakritze Fabrik in Rossano (c) Thilo Götze

FOTO: Lakritze Fabrik in Rossano (c) Thilo Götze

Ich hatte mich für den Besuch des Firmengeländes dieser weltbekannten Lakritzen-Marke entschieden, oben seht ihr das Areal der Firma. Da ich im März dort hinkam, war ich recht alleine dort, jedoch ist das Lakritzemuseum nebenan das zweitmeistbesuchte Museum Italiens nach dem Ferrari-Museum in Turin, und in der Saison ist es dort proppevoll.

Dort kann man eine kostenlose Führung in deutscher Sprache bekommen, in der Geschichte, Herstellung und besondere Produkte der Lakritze erwähnt werden. Im Hof liegen schon die nächsten Süßholzwurzeln parat, aus denen die Lakritze in großen Kesseln gekocht wird…

FOTO: Süßholzwurzeln im Hof der Amarelli-Werke in Rossano (c) Thilo Götze

FOTO: Süßholzwurzeln im Hof der Amarelli-Werke in Rossano (c) Thilo Götze

In Rossano hat sich eine der positiven Seiten Kalabriens besonders gut gezeigt. Sowohl in der Fabrik und dem Museum als auch in der Stadt, als ich nach dem Weg fragen musste, hat sich jeder der Menschen Zeit genommen für mich und mir genau erklärt, wie ich wo hin komme. Wo ich her komme und wie es mir hier gefällt, habe ich auch ein Dutzend Mal beantwortet. Die Kalabresen sind trotz allem sehr gastfreundliche Leute und versuchen, aus ihren Möglichkeiten das Beste zu machen.

Dies gilt für alle meine Kommilitonen an der Uni sowie für alle anderen Kalabresen, die ich auf meinen Reisen traf. Als Tourist oder Student kann man sich gefahrlos durch Kalabrien bewegen, nur die Firmen- und geschäftsinhaber sind fest in der Hand der ‘Ndrangheta. Leider machen sie vor niemandem dort Halt.

Reggio Di Calabria – Fluchtpunkt Südkalabriens

Zum Abschluss meines Aufenthalts in Kalabrien bin ich mit zwei anderen Gaststudenten nach Reggio gefahren, der Stadt aller Städte in Kalabrien (leg ich mich mal fest)! Sie zeugt von einer langen (auch nicht gerade immer sehr friedlichen) Geschichte, birgt unzählige Sehenswürdigkeiten und hat einen wunderbaren Hafen vor ihren Pforten. Kleine Bahninfo: von Cosenza nach Reggio fahren heißt 6 Uhr am Bahnhof stehen, aber das nur am Rande 😉

FOTO: Reggio di Calabria - gegenüber ist schon Sizilien (c) Thilo Götze

FOTO: Reggio di Calabria – gegenüber ist schon Sizilien (c) Thilo Götze

Im Nationalmuseum Magna Grecia sind die Bronzestatuen von Riace beherbergt, zwei griechische Krieger, die aus Bronze gefertigt wurden und 1972 vor der Küste aus dem Wasser geborgen wurden. Sie wurden vielfach restauriert und sind heute DAS Highlight, das es in Reggio aufzusuchen gilt. Leider darf man es nicht fotografieren.

Des Weiteren gibt es einen wunderschönen „Lungomare“, einen Spaziergängerweg am Meer entlang. Auf der gegenüberliegenden Seite sieht man, wie oben, auch schon Sizilien. Vom Fährableger in Reggio setzt man zur Insel über, was die schnellste Verbindung nach Sizilien überhaupt ist. Leider haben wir das nicht auch noch mehr geschafft. Dafür haben wir uns ein bisschen die Gegend angeschaut und sind letztendlich am Hafen noch zu einem Gruppenbild gekommen.

Urlaubstipp Kalabrien

FOTO: Hafen von Reggio di Calabria (c) Thilo Götze

FOTO: Hafen von Reggio di Calabria (c) Thilo Götze

Ich vermisse die Stiefelspitze Italiens und meine Zeit dort jeden Tag. Gern will ich noch einmal dorthin zurückkehren. Meine Reisezeit dort war begrenzt, und ich habe zum Beispiel Tropea noch nicht gesehen, also die Stadt, die, wenn schon jemand mal nach Kalabrien fährt, JEDER schon einmal besucht hat 😀

Wer Abenteuer gut leiden kann und zudem noch ein bisschen Italienisch spricht, dem würde ich den Urlaub auch in anderen kalabrischen Städten empfehlen. Auch in Kalabrien kann man viel von den Lebensgewohnheiten anderer Kulturen lernen, insbesondere dann, wenn ihnen zum Leben nicht so viel zur Verfügung steht wie unsereins.

Weitere Reiseberichte von mir gibt es zudem noch auf dem Reiseblog www.weltvermessen.de . Wer Fragen hat zu einer Reise nach Kalabrien, kann mich am besten dort über das Kontaktformular oder die Emailadresse sehr gerne kontaktieren.

Ich danke Anja für die Gelegenheit, heute gastbloggen zu können und hoffe, ihr stürzt euch sofort in die Kataloge!

Ähnliche Artikel, die Sie interessieren könnten:

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.